Richtig Essen

Das höchst intensiv beworbene Arzneimittel Hoggar Night von Stada enthält als aktiven Wirkstoff allein Doxylamin hydrogensuccinat (25 mg pro Stück, was einer Menge von 17.4mg Doxylamin in der Tablette entsprechen soll. Die weiter enthaltenen Stoffe Gelatine, Kartoffelstärke, Lactose 1-Wasser, Magnesium stearat, Maisstärke, Silicium dioxid (hochdispers) und Talkum haben mit der eigentlichen biochemischen Wirkung schon nach Herstellerangaben nichts zu tun.

Hoggar Night wird wie folgt beworben:

Doxylamin wird nach Angaben des Herstellers zur Behandlung von allergischen Reaktionen der oberen und unteren Atemwege wie bei Heuschnupfen und anderen Formen von allergischem Schnupfen sowie bei allergischen Bronchialkrämpfen und Krampfhusten (nächtliche krampfartige Hustenanfälle bei Kindern) eingesetzt.Außerdem wird der Wirkstoff zur Linderung allergischer Symptome wie Juckreiz,Ausschlag und Schwellungen bei allergisch bedingten Hauterkrankungen wie Nesselsucht angewendet.

Haupnutzungsgebiet von Hoggar Night sind aber Schlafstörungen aller Art, weil Doxylamin müde mache.

Falscher Slogan des Herstellers: Einfach gut schlafen!

Der Wirkstoff zeigt angeblich vor allem bei der Beruhigung vor dem Einschlafen sowie bei unruhigem Schlaf eine gute Wirkung und werde daher häufig bei Ein- und Durchschlafstörungen gegeben. Doxylamin könne außerdem bei Kindern zur Behandlung von Unruhe und Erregungszuständen sowie zur Ruhigstellung nervöser Patienten (Nervosität) verwendet werden.

Obwohl – wegen der umfangreichen Nebenwirkungen – Hoggar Night nur kurzzeitig eingenommen werden soll, ist es nach Informationen aus dem Handel die meist verkaufte Schlafmedizin in Deutschland. Stada erklärt ganz stolz, dass dieses Produkt nicht abhängig mache und dass es nicht wie andere Schlafmittel dedn Körper einfach abschalte, sondern einen ganz natürlichen Schlaf schenke.

Als Ergänzung zur Einnahme tagsüber bei nervösen Unruhezuständen wird noch Hoggar Balance angeboten, mit  425 g  Passionsblumenkraut-Trockenextrakt überzogenene Tabletten. Bei der Einnahme über einen längeren Zeitraum kämen mit dem Wirkstoff aus der Passionsblume die Ausgeglichenheit und Konzentration zurück.

Nachzulesen sind diese Wirkbehauptungen bei https://www.hoggar.de/start.html und http://www.onmeda.de/Medikament/Hoggar+Night–wirkung+dosierung.html und https://www.stada.de/produkte/produktuebersicht/produkt/hoggar-balance-425mg-passionsblumenkraut-trockenextrakt-ueberzogene-tabletten.html.

Auf die oft wohltuenden Wirkungen der seit unvordenklichen Zeiten als leichtes Beruhigungsmittel bekannten Heilpflanze Passionsblume gehe ich an dieser Stelle nicht weiter ein. Ihre Nutzung hat mit der Behebung von Schlafstörungen kaum zu tun. Schlafförderung  Natürlich kann im Einzelfall der komplizierte Prozess des Einschlafens durch eine Beruhigung verbessert werden.  Aber was meinen Sie, was unsere Verbraucherschützer aufschrien, wenn ein Anbieter eines Lebensmittels einem seiner Produkte eine solche Wirkung beilegen würde!

Von den angeblichen herrlichen Wirkaussichten von Hoggar Night (Doxylamin) findet man allerdings in den Berichten von Verbrauchern wenig bis nichts. Im Gegenteil wird darüber berichtet, dass die Angaben auf dem Waschzettel über ausbleibende Schlafwirkungen und üble Nebenwirkungen immer wieder bestätigt werden, s.http://www.medizinberichte.de/forum/488-hoggar-night-tabletten.html und http://www.medpex.de/testbericht/schlafstoerung/hoggar-night-p4402066/2.

Die Masse der Berichte der Verbraucher über die Wirkungen von Hoggar Night sprechen den lockeren Werbaankündigungen Hohn. In den Fällen, in denen der Schlaf gefördert ist, hat der Nutzer oft den ganezne folgenden Tag Kopfschmerzen. Der Hersteller gibt der Allgemeinheit leider gar keine Möglichkeit, den möglichen Weg der Wirkung von Doxylamin zu verstehen. Er geht so vor wie die Waschmittelwerbung, die sich seit jeher damit begnügt, den Verbrauchern rätselhafte Formeln zu nennen, an dern Wirkung man eben glauben soll.

Was aber ist Doxylamin wirklich und was kann man von ihm erwarten?

Doxylamin ist eine Chemikalie, die es als Monopräparat außer im Produkt Hoggar Night noch in Gittalun , Schlafsterne , SchlafTabs , Sedaplus, Sanalepsi ( nur CH) und  Valocordin-Doxylamin gibt und in  mit Kombination mit den Wirkstoffen Dextrometorphan, Ephedrin und Paracetamol ist es in  Wick MediNait, Wick Erkältungssirup (A) und Vicks MediNait (CH) befindlich ist. Das Geschäft ist riesig – wenn es doch auch die Wirkungen wären!

Ganz nebenbei: Über die besondere Gefährlichkeit von Paracetamol hatte ich bereits ausführlich berichtet, s. http://www.essenspausen.com/schmerz-ist-keine-krankheit-und-kennt-kein-heilmittel/.  Ephedrin, das vielfach als Schlankheitsmittel und Muntermacher eingesetzt wird, hat seine   eigenen nicht geringeren Probleme, s. http://www.deutschlandfunk.de/harmlos-sind-sie-keineswegs.709.de.html?dram:article_id=87063

Doxylamin ist ein aus Ammoniak- und Alkoholderivaten aufgebautes Molekül, das von der Pharmazie eingesetzt wird, um am Histamin-H1-Rezeptor (einem spezifischen Protein) die dort erfolgende Freisetzung des Gewebshormons Histamin zu hemmen und innerhalb des Zentralnervensystems die Freisetzung des Botenstoffes Histamin  im Synaptischen Spalt zu hemmen.  Das eine Molekül des Hormoms Histamin hat ebenso wie das Schlüsselhormon Serotonin getrennte Funktionen als Gewebshormon im Körper und als Neurotransmitter im Gehirn.  Ob Histamin die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann und wo es im ZNS hergestellt wird, ist nicht erforscht. Sicher ist, dass es ganz unterscheidliche Konzentrationen von Histamin im Liquor und im Körper gibt und dass es auch innerhalb des Gehirns Schwerpunkte seiner Aktivität gibt – im Hirn besonders in der uralten Steuerregion des Hypothalamus.

Doxylamin ist somit in der Analogie zu den bekannen Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI,  u.a. Fluoxetin/Prozac)  zentralnervös ein Histaminwiederaufnahmehemmer. Ich habe den Eindruck, dass die Kritik des LübeckerProfessors Dr. Achim Peters, dass die SSRI mit ihren schädlichen Streuwirkungen nichts anderes sind als „schmutzige Drogen“ gut auf die Histaminwiederaufnahmehemmer übertragen werden kann.

Wie Histamin im Zusammenwirken mit anderen Botenstoffen im Gehirn wirkt und welches überhaupt seine dortigen Aufgaben sind, ist noch Gegenstand der Forschung. Sicher soll sein eine Beteiligung an der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus. Eine appetithemmende, stresslösende und entkrampfende Wirkung wird nach vorliegenden Tierexperimenten auch für den Menschen diskutiert, gleichfalls in der Kontrolle der Körpertemperatur , der Schmerzempfindung und des Blutdrucks. Für möglich gehalten wird – weitestgehend Aufgabenbereiche, die definitiv den Serotoninwirkungen zuzurechnen sind. dass Histamin eine Regelfunktion für die Aktivierung der Botenstoffe Noradrenalin, Serotonin, Acetylcholin, Dopamin und Glutamin haben könnte. Die Denkweise ist ähnlich wie früher bei Melatonin, das als „Regler aller Regler“ angesehen wurde und bei der heute herrschenden Meinung, dass Serotonin das Schlüssel- und Modulationshormon ist, das die anderen Transmitter reguliert.

Für viele Zwecke reicht sicher die Annahme, dass unter all den Botenstoffen starke Wechselwirkungen bestehen (natürlich auch mit GABA mit seinen massiven Wirkungen).